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Point-of-care-Diagnostik

Von der Harnschau zum automatisierten Großlabor 

3min
Ingo Zenger
Veröffentlicht am 1. Januar 2021

Blut, Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle – der wohl berühmteste aller Ärzte, Hippokrates von Kos, vermutete bereits vor rund 2400 Jahren, dass Körpersäfte unsere Gesundheit beeinflussen. Mit seiner Säfte-Lehre bereiteten er und seine Anhänger den Weg für die systematische Untersuchung der Körperflüssigkeiten.

Sie sahen die Ursache vieler Krankheiten in einem Ungleichgewicht dieser vier Säfte. Aus dieser Annahme entwickelte sich eine Diagnosemethode, die von der Antike bis weit in die Frühe Neuzeit eines der wichtigsten Hilfsmittel der Medizin bleiben sollte: die Untersuchung des Harns mit den Sinnen. Der Harnschauer betrachtete Farbe und Konsistenz des Urins, beurteilte den Geruch – und hin und wieder sogar den Geschmack.

Die Fortschritte in der Chemie, vor allem im 19. Jahrhundert, führten schließlich zu genaueren und verlässlicheren Methoden der Urinanalyse. Doch noch in den 1930er Jahren waren solche Analysen sehr aufwendig. Um den Glucose-Anteil für die Untersuchung auf Diabetes zu messen, musste der Urin in einem Reagenzglas mit Nachweisflüssigkeit vermischt und über einem Bunsenbrenner erhitzt werden. 

Das änderte sich erst im Jahre 1941 mit dem ersten Schnelltest für die Urinanalyse: Der Clinitest der Firma Miles bestand aus einer Brausetablette, die die Farbe des Urins veränderte und dadurch den Zuckergehalt sichbar machte.   

Clinitest

15 Jahre später kamen die ersten Teststreifen unter dem Namen Clinistix auf den Markt, die durch ihre noch einfachere Handhabung erstmals effizient in Kliniken und Arztpraxen eingesetzt werden konnten. Die Teststreifen waren standardisiert, sodass der Mediziner sie leicht ablesen und vergleichen konnte.

Multistix

Clinistix sind die ersten Teststreifen und gleichzeitig eine neue Methode, die als Dip-and-Read-Diagnose bekannt wird. Mit Reagenzien versehene Teststreifen zeigen z. B. den Blutzuckerspiegl in Körperflüssigkeiten an. Die neue Methode erweist sich als einfacher, zuverlässiger und schneller als bisherige Tests. 

Im Lauf der Zeit wurden zahlreiche weitere Tests eingeführt, etwa zur Kontrolle des Immunsystems oder für die Diagnose von Hepatitis. Noch heute sind solche Teststreifen bei vielen Symptomen das erste Hilfsmittel, mit dem sich der Arzt einen Überblick über den Zustand des Patienten verschafft. 

Im Lauf der Geschichte der modernen Labordiagnostik ist die Zahl der Tests von Jahr zu Jahr gestiegen. Um die vielen Proben zu bewältigen, entwickelte die New Yorker Firma Technicon bereits in den 1930er Jahren ein erstes automatisches Analysegerät, das den Arbeitsaufwand für das Personal deutlich verringerte. Die Maschine erledigte über Nacht, was vorher tagelange Arbeit für den Laboranten bedeutete. Zahlreiche Systeme verschiedener Hersteller folgten. Große Anlagen bewältigten Hunderte Proben in kurzer Zeit; kleine Geräte kamen in Arztpraxen, in Notarztwagen oder direkt am Krankenbett zum Einsatz.

Das Siemens-SILAB-System aus den späten 1960er Jahren zum Beispiel war nach dem Baukastenprinzip aufgebaut. Der Anwender stellte das System nach seinen Anforderungen zusammen, wobei ihm vom kleinen Mikroskop-Arbeitsplatz bis hin zum automatisierten Großlabor alle Möglichkeiten offen standen. Moderne Systeme, ob groß oder klein, analysieren heutzutage Urin-, Blut- und Gewebeproben innerhalb kurzer Zeit.

Aus einer antiken Vermutung ist eine exakte und breite Wissenschaft entstanden, mit erstaunlichen Entdeckungen, vor allem in den letzten 75 Jahren. Die Pionierarbeiten der Firmen Miles und Technicon haben erheblich dazu beigetragen. Heute gehören beide Unternehmen – oder genauer gesagt, die Nachfolgeunternehmen ihrer Labordiagnostik-Sparten – zu Siemens Healthineers. 

Modernes vollautomatisiertes Großlabor (2013)

Die Werte aus dem Labor verknüpft Siemens mit anderen Untersuchungsergebnissen, beispielsweise mit den Bildern von Ultraschall-Systemen, Computer- oder Magnetresonanztomographen. Und in Zukunft werden die Tests im Labor noch aussagekräftiger werden: Mit der molekularen Diagnostik zum Beispiel kann für jeden Patienten individuell festgestellt werden, zu welchen Krankheiten er neigt und welche Medikamente für ihn am hilfreichsten sind. 


Ingo Zenger
Ingo Zenger
Von Ingo Zenger

Technikjournalist und Autor im Siemens Healthineers Historical Institute